Freitag, 18. November 2016

Durch die Blume gesprochen

25.11.2016 - Roses Revolution

Im 18. Jahrhundert ging es so: gelbe Nelken zu schenken zeigte Verachtung, Schwertlilien versprachen Treue,
die Kornblume sagt: ich gebe die Hoffnung nicht auf.
Am kommenden Freitag wird nun eine rosafarbene Rose vor einer Kreißsaaltür bedeuten: 

Mir wurde hier Gewalt angetan

Gewalt unter der Geburt ist ein Tabuthema. Und ein sehr komplexes Problem. Denn, zum einen vor Scham, zum anderen wegen des sehr pessimistischen Tonus der "Geburtsnormalität" werden traumatische Geburten kaum öffentlich diskutiert.
In Internetforen, unter Gleichgesinnten, klar. Aber zu Arbeitskollegen, Bekannten, Tante Sowieso oder den Nachbarn sagt man eher "war halt eine Geburt..." und damit ist alles klar und es wird für niemanden unangenehm.

Natürlich! Denn: 
  • Wer, wie ich, mit einem gesunden Kind und nach außen sichtbar unversehrt aus einer Geburtsklinik kommt, soll sich gefälligst nicht beklagen. Hauptsache das Kind ist gesund!
  • Eine Geburt ist nun mal schmerzhaft, das kennt man doch aus dem Fernsehen.
  • Die Experten, die wussten es halt besser. Die machen das doch jeden Tag! Der Oberazt.!
Und durch "war halt eine Geburt" wurde diese alte Leier wieder bestätigt.

Ohne jetzt einen umfangreichen Geburtsbericht zu schreiben: 
Bei der Geburt meines ersten Kindes lag das Trauma im Detail. In der Dokumentation der Hebamme könnte man sicher hier und da Abzüge in der B-Note verteilen, aber im großen Ganzen würde einem Außenstehenden nichts schlimmes auffallen.
Die Realität: ich wurde belächelt, beleidigt, mir wurde Angst eingeflößt und unnötige Schmerzen zugefügt. Ich ging aus diesem Erlebnis mit meinem wundervollenen, großartigen, geliebten Baby, aber auch mit einem gebrochenen Selbsvertrauen, Schuldgefühlen, Zweifeln und einer großen Portion Niedergeschlagenheit.

In meiner zweiten Schwangerschaft konnte ich diese düstere Wolke endlich bewältigen. Ich hatte viele tolle Gespräche mit meiner großartigen Hebamme und mit anderen Müttern. Gleichgesinnten.
Zwei Wochen vor der Geburt war ich selbst ganz erstaunt, wie gut es mir mittlerweile damit geht. 
Die Geburt meines zweiten Kindes war dann die Krönung. Es ist fast so, als wäre alles extra-wundervoll verlaufen, um das erste Erlebnis wett zu machen. Kraftvoll, Urgewaltig, Sagenhaft. Zuhause. Ich habe geboren!

Um so wichtiger ist mir nun, dies in die Welt hinaus zu schreien. Alle zu sensibilisieren, gerade wenn ihnen die erste Geburt noch bevorsteht. Denn so sollte das Bild sein, das eine Gesellschaft von Geburten hat. Optimistisch. Guter Hoffnung. Eine physiologische Geburt ist kein Notfall und nichts Bedrohliches. Die Mutter ist die Expertin ihrer Geburt und sie bekommt genau so viel Unterstützung wie sie und ihr Kind brauchen.
Das sollte normal sein. 
Und je mehr Leute das so sehen, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir dieses Bild gerade rücken können.

Wenn jetzt Sommer wäre... 
läge bei meiner Rose auch eine Kornblume.


Vielen Dank an Nora Imlau für die Organisation der Blogparade! 


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